Sanktionen zu großen Teil verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die im Hartz IV verankerten Sanktionen zum großen Teil verfassungswidrig sind. Dies betrifft vor allem Sanktionen in Höhe von mehr als 30% des Regelbedarfs. Die bisher möglichen Abzüge bei Verletzung der Mitwirkungspflicht um 60 oder sogar 100 Prozent seien mit dem Grundgesetz unvereinbar, so urteilte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (AZ: 1 BvL 7/16). Zudem müssten Härtefälle stärker berücksichtigt werden können. Unter anderem heißt es in der Urteilsbegründung: „Mitwirkungspflichten dürfen auch in der Praxis nicht zur Bevormundung, Erziehung oder Besserung missbraucht werden.“

Dieses Urteil ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, das vielen betroffenen Menschen ein Stück ihrer Würde, aber auch ein Stück Rechtssicherheit zurückgibt. Dennoch bleibt der Grundwiderspruch zwischen den Kürzungen am Minimum und der Existenzsicherung von armutsgefährdeten Menschen. Die Bundesregierung ist daher gefordert schnellstmöglich die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Dabei sollte nicht die Sanktionspraxis angepasst werden, sondern an deren Stelle sollte ein menschenwürdiges System der Förderung und Unterstützung von ALG-II-Berechtigten treten.

Ein Erklärfilm der Diakonie zeigt, warum Sanktionen arbeitslose Menschen sozial isolieren und beruflich schaden.
https://www.youtube.com/watch?v=buh9u0q73a0&feature=youtu.be

Unabhängige Beratung für erwerbslose und prekär beschäftigte Menschen

Wir halten an unabhängiger Beratung für erwerbslose und prekär beschäftigte Menschen fest – Pressemitteilung der Diakonie Sachsen

Trotz guter Konjunktur und niedrigen Arbeitslosenzahlen (113.740, Stand Juni 2019) gibt es in Sachsen weiterhin hohen Bedarf an unabhängiger Beratung bei Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug. Denn von Leistungen des Jobcenters sind in Sachsen insgesamt 284.244 Personen (April 2019) abhängig. Sie leben in sogenannten Bedarfsgemeinschaften (161.552).  Solange das System der Grundsicherung (auch Hartz IV genannt) nicht grundlegend reformiert, oder durch ein anderes System der sozialen Absicherung ersetzt wird, brauchen diese Menschen dringend unabhängige Beratung: Zu komplex und mitunter schwer zu verstehen sind Anträge und Regeln – gerade auch das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft bei der alle im Haushalt lebenden Menschen in die Leistung einberechnet werden ist für viele undurchschaubar. So stieg der Anteil der Rechtsfragen in den Beratungen von 17% im Jahr 2017 auf 26 Prozent im Jahr 2018.

Zudem sind trotz Erwerbstätigkeit viele auf einen ergänzenden ALG-II-Bezug angewiesen – in Sachsen betrifft das rund 53.000 Bedarfsgemeinschaften (März 2019) – sei es, weil die neuen Jobs nicht angemessen entlohnt werden oder die Stundenzahl zu gering ist. „Sie stecken oft in einem Kreislauf von Verdienst, Leistungen durch das Jobcenter, Veränderung des Einkommens und Rückzahlungen fest. Hier geht es dann um Vermittlung, Ratenzahlung und das Aufzeigen von Perspektiven“, weiß Hans-Jürgen Meurer, zuständiger Referent, bei der Diakonie Sachsen. So stiegt der Anteil der „Aufstocker“ mit Beratungsbedarf um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 33 Prozent an.

Bei den Sanktionen bei arbeitslosen erwerbstätigen Leistungsbeziehern liegt Sachsen mit 5,3 Prozent im Bundesvergleich hinter Berlin an zweiter Stelle. Jede Sanktion bedeutet, dass die Bezüge unter das Existenzminimum gekürzt werden – eine Maßnahme, unter der die gesamte Bedarfsgemeinschaft und insbesondere die Kindert leiden. Ob Sanktionen daher überhaupt rechtmäßig sind, klärt zurzeit das Bundesverfassungsgericht.

„Diakonische Erwerbslosenberatung ist unabhängig und nimmt den ganzen Menschen in den Blick: Nicht nur seine wirtschaftliche Situation und seine Probleme mit dem Jobcenter oder Arbeitsagentur können dort angstfrei besprochen werden, sondern auch seine gesundheitliche und familiäre Situation. In vielen Fällen kann sie klären und entspannen, Rechtsansprüche mit durchsetzen, Schlimmeres vermeiden und Wege aus der Krise finden“, ist Meurer überzeugt.

Dass die Anzahl der Beratungen zurückgeht (2017: 914 Fälle mit 2509 Beratungen; 2018: 833 Fälle mit 1984), sagt nichts über den Bedarf, sondern nur, dass die Komplexität der Fälle bei gleichbleibend niedriger Beratungskapazität zugenommen hat. Wie die aktuelle Statistik ausweist, hat sich der Anteil zu Fragen des immer komplexer werdenden Leistungsrechts auf 57 Prozent erhöht.

Seit langem fordert die Diakonie daher eine Förderung der Erwerbslosenberatung durch das Land und einen bedarfsgerechten Ausbau – mindestens eine Beratungsstelle pro Landkreis und kreisfreier Stadt. „Das Leistungsrecht im SGB II wird mit jeder Novellierung komplexer und eine Beratung erfordert hohe Professionalität – und das kostet Geld. Der Verweis, dass die Jobcenter ja selbst auch beraten, ist nicht zielführend, da sich die Klienten dort in einem Abhängigkeitsverhältnis und sogar häufig im Konflikt mit dem Jobcenter befinden. Hier hilft nur unabhängige Beratung weiter, die Existenzängste abbaut, bei der Durchsetzung gesetzlicher Ansprüche unterstützt, aber auch Verständnis für die Arbeit der Jobcenter fördert und Konflikte entschärft.“

Die diakonische Erwerbslosenberatung würde also viel öfter gebraucht, als sie da sein kann. In den letzten Jahren konnten aber nicht einmal die bestehenden Angebote aufrechterhalten werden. Fehlende öffentliche Förderung führte dazu, dass statt ehemals fünf heute nur noch drei dieser Beratungsstellen bestehen. Sie müssen unbedingt erhalten bleiben.

Daher werden die Landeskollekte und Spenden zum diesjährigen Sonntag der Diakonie am 15. September 2019 in diese Arbeit fließen. Die Broschüre mit weiterführenden Informationen finden Sie hier. 

Aktion Federmappe 2019 erfolgreich beendet

Änderungen beim Bildungs- u. Teilhabepaket (BuT)

Zum 01.08.2019 treten die gesetzlichen Änderungen in Kraft, die das „Starke-Familien-Gesetz“ in Sachen Bildungs- und Teilhabe-Paket (BuT) gebracht hat.

Darin ist nicht nur eine Reihe von inhaltlichen Änderungen enthalten (die wichtigste ist zweifellos die Erhöhung der Pauschale für Schulmaterial von 70 + 30 auf 100 + 50 Euro jährlich). Auch eine wichtige formale Änderung darf nicht übersehen werden: Es ist jetzt nicht mehr zwingend gesetzlich vorgeschrieben, die meisten BuT-Leistungen in Form von Sachleistungen oder Gutscheinen zu erbringen. Im Gegenteil: Es steht den Kommunen und Sozialverwaltungen nunmehr frei, diskriminierungsfreie Geldzahlungen zu erbringen und so vermutlich auch mehr Menschen zu motivieren, Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese Leistungen müssen auch nicht mehr extra beantragt werden (außer der Nachhilfeunterricht).

Weiterführende Informationen:

Einen schnellen Überblick über die Veränderungen im BuT finden Sie hier: …>

Pressemitteilung zum BuT vom Bündnis AufRecht Bestehen …>

Flyer mit weiteren Informationen für Betroffene …>

Schüler unterstützen Spendenaktion Federmappe

Seit Mai sammelt die KEL wieder Schulmaterialien in Form von Sachspenden, um diese an Leipziger Familie weiterzugeben. Erstmals kooperiert die KEL in diesem Jahr dabei mit dem Evangelischen Schulzentrum in Leipzig. Im Mai spendete das Schulzentrum bereits Fundsachen, die seit langer Zeit nicht abgeholt wurden. Und am Donnerstag konnten die Schüler und Eltern in der Schule ihre Sachspenden bei den Mitarbeiterinnen der KEL abgeben. Die Resonanz auf den Spendenaufruf war riesig. Viele Kinder haben ihren Ranzen für die Spendenaktion abgegeben und auch weitere Schulmaterialien dazugelegt. Eine Schülerin hatte extra noch einen persönlichen Brief für die Nachbesitzerin geschrieben und wünscht vor allem viel Spaß in der Schule!

An der Sonnenblumen Grundschule in Glesien bei Schkeuditz haben die Schüler der Klassen 1-4 ebenfalls fleißig für die Aktion Federmappe gesammelt. Und damit die Ranzen nach der langen Benutzung wieder strahlen, wurden diese noch gemeinsam mit den Eltern gründlich geschrubbt. Aus den Rückmeldungen der Eltern zeigt sich, dass die Grundschüler sich auf diesem Wege auch mit dem Thema Armut in unserer Gesellschaft beschäftigen. Bei der Aussage: „Mama, es ist doch unfair, dass sich die Kinder keinen Ranzen kaufen können?“ kommen Eltern und ihre Kinder ins Gespräch über die Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Und wie heißt es so schön: Kindermund tut Wahrheit kund!

Die Sachspenden werden in den nächsten Wochen an Leipziger Familien weitergereicht. Gerne können sich Familien, die Bedarf an Schulmaterialien haben, noch in der KEL melden. Die Spenden können in der Kirchlichen Erwerbsloseninitiative Leipzig in der Ritterstraße 5 (Nähe Nikolaikirche) montags bis donnerstags von 09 -15 Uhr und freitags von 09 -12 Uhr abgeholt werden.

 

Weitere Informationen finden Sie hier: Aktion Federmappe

Rückblick Podiumsdiskussion 06.06.19 – Aktionswoche Schuldnerberatung

Podiumsdiskussion 06.06.19

Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung zum Thema „Albtraum Miete“ machten sich Wohlfahrts- und Fachverbände für das Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum stark.

So lud auch der Arbeitskreis Schuldnerberatung Leipzig unter dem Titel „Ohne Wohnung bist du ein Nichts“ zum angeregten Fachaustausch in das Sozialamt der Stadt Leipzig.

Dabei wurde die aktuelle Situation, mit all den aufkommenden Problemen im Bereich Wohnung, Wohnraum und Miete mit verschiedenen Netzwerkpartnern diskutiert.

Bestehende Beratungs- und Handlungsansätze wurden besprochen, überdacht und regten zur weiteren Entwicklung an.

Der Schwerpunkt lag dabei auf der gelingenden Schuldenregulierung einerseits und der Verhinderung von Mietschulden bzw. Wohnungsverlust andererseits.

Aus der Podiumsdiskussion, bei der Vertreter unterschiedlicher Institutionen Rede und Antwort standen, ergab sich, dass der Zugang zu bestehende individuellen Lösungsmöglichkeiten durch eine verbesserte Vernetzung und fachlichen Informationsaustausch untereinander zukünftig optimiert werden kann.

„Ohne Wohnung bist du ein Nichts“ – Podiumsdiskussion am 06.06.19

„Ohne Wohnung bist du ein Nichts“ – unter diesem Titel veranstaltet der Arbeitskreis Schuldnerberatung Leipzig am 6. Juni 2019 eine Podiumsdiskussion

Wohnen gehört zu unseren gesellschaftlichen Grundwerten. Schon der Zugang auf den Wohnungsmarkt ist jedoch für Überschuldete mit großen Hürden verbunden. Das hat unter anderem mit der regelmäßig vorzulegenden Schufa-Auskunft zu tun – viele Vermieter verweigern bei ungenügender Bonität den Abschluss eines Mietvertrages. „Es darf keine Stigmatisierung aufgrund der Schufa-Auskunft geben“, fordern die Schuldnerberater*innen des Arbeitskreises in Leipzig und verweisen dabei auf das Forderungspapier der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände. Dies stellt das Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum in den Mittelpunkt.

Auch werben die Schuldnerberater*innen für mehr Verständnis für Überschuldete. „Betroffene sind häufig mit ihrer Situation überfordert und setzen falsche Schwerpunkte. Teilweise ist der Druck der Gläubiger so groß, dass Ratenzahlungen geleistet werden und dadurch für die Miete kein Geld mehr zur Verfügung bleibt. Auch sind ihnen Beratungsdienste und Hilfsangebote nicht bekannt“, sagen die Schuldnerberaterinnen des Arbeitskreises.

Vielen Geringverdienenden machen zusätzlich die steigenden Mieten Angst. Sie müssen einen immer größer werdenden Anteil des Verdienstes für die Unterkunft ausgeben. „Gerade für Bezieher von Grundsicherungs-leistungen wird es immer schwieriger anerkennungsfähigen Wohnraum zu finden. In der Konsequenz bringen die Betroffenen einen Teil der Miete zusätzlich aus ihrem Regelsatz auf, um nach einer Mieterhöhung in ihrem Wohnraum verbleiben zu können oder überhaupt Zugang zu einer Wohnung zu finden. Das sind sichere Wege in die Überschuldung“, so die Erfahrungen der Schuldnerberater*innen des Arbeitskreises.

Lassen sich Betroffene in ihrer Situation beraten, so eröffnet dies die Chance einer Problemlösung und dauerhaften Stabilisierung. Die Aktions-woche nehmen die Schuldnerberater*innen des Arbeitskreises Leipzig deshalb zum Anlass, die aktuelle Situation mit verschiedenen Netzwerk-partnern in Leipzig zu diskutieren, um bestehende Beratungs- und Handlungsansätze zu überdenken und weiter zu entwickeln. Im Fokus stehen dabei gelingende Schuldenregulierung einerseits und die Verhinderung von Mietschulden bzw. Wohnraumverlust andererseits.

Zum Arbeitskreis Schuldnerberatung Leipzig gehören der Caritasverband Leipzig e. V., DRK Akademischer Kreisverband Leipzig e. V., Kirchliche Erwerbsloseninitiative, Verbraucherzentrale Sachsen e. V. und Jugendhaus Leipzig e.V.

 

Die Veranstaltung findet im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung statt, zu der die Wohlfahrts- und Fachverbände vom 3. bis 7. Juni 2019 unter dem Thema ‚Albtraum Miete’ einladen. Im Mittelpunkt steht das Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum.

Presseartikel zum Thema Armut

Leipzig feiert 70 Jahre Grundgesetz

„Armut – sowas von UNVERSCHÄMT!“ – Friedensgebet am 06. Mai 2019

Friedensgebet 06.05.19

Friedensgebet 06.05.19

Das Team der KEL gestaltet unter dem Titel „Armut – sowas von UNVERSCHÄMT!“ am 06. Mai 2019 das Friedensgebet in der Nikolaikirche Leipzig.

Beginn: 17 Uhr