Mitteilung der Diakonie Deutschland, Berlin, den 9. Juni 2021:
In Armut Lebende fordern im beginnenden Bundestagswahlkampf einen demokratischen Streit um Armutsbekämpfung und Sozialpolitik und verlangen ein Recht auf Gehör, Beteiligung und gesellschaftliche Teilhabe. Unter dem Titel „Der soziale Notstand ist da. Nicht nur Viren, sondern auch Armut und Ausgrenzung bekämpfen!“ haben sie ein Fünf- Punkte-Papier vorgelegt, das heute bei einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz von Diakonie und Menschen mit Armutserfahrung vorgestellt wurde. Die Diakonie Deutschland unterstützt das Netzwerk aktiv.
„Die Corona-Pandemie verschärft die soziale Lage. Menschen mit Armutserfahrung erleben, dass sie aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden“, kritisiert Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Aktiven aus der Selbstorganisation von Menschen mit Armutserfahrung erklärt sie: „Die Diakonie Deutschland möchte einen Anstoß geben zu einer öffentlichen politischen Diskussion darüber, was jetzt nötig ist, um eine weitere Verschärfung der sozialen Lage zu verhindern.“
Michael Stiefel vom Armutsnetzwerk schildert die besonderen Härten, die in Armut Lebende seit Beginn der Pandemie treffen: „Die Corona-Krise hat das Leben vieler Menschen auf den Kopf gestellt. Aber besonders hart trifft es die, die schon vorher mit schweren Belastungen zu kämpfen hatten.“
Leben in Armut bedeute auch unter „Normalbedingungen“ ein ständiges Improvisieren, berichtet Stiefel: „Die Regelsätze in der Grundsicherung sind sehr knapp gerechnet. Jede unvorhergesehene Ausgabe, jede Reparatur, jede Stromnachzahlung kann existenzbedrohlich werden.“ Darum sei es jetzt nötig, die sozialen Hilfen auszubauen. „Offene Treffpunkte in der Nachbarschaft, Beratung und Notfallhilfen müssen schnell und einfach zugänglich sein. Erreichbarkeit muss besser gefördert werden. Ein Ausbauprogramm für die Selbstorganisation und die soziale Infrastruktur ist erforderlich“, fordert Stiefel.
Helga Röller, Aktivistin in Erwerbslosen-Netzwerken, ergänzt: „Viele der Menschen, deren Lebenswirklichkeit Armut ist, leiden in den Pandemiezeiten an Einsamkeit. Sie wurden aus sozialen Bezügen herausgedrängt. Ihnen fehlen schon allein die Kreditkarte für die Online-Buchung im Freibad oder selbst digitale Buchungsmöglichkeiten für kostenlose Angebote.“
Gemeinsam fordern Menschen mit Armutserfahrung, dass die verschärfte soziale Lage ernst genommen wird: „Probleme müssen jetzt und direkt angepackt werden. Es gibt keine Sozialpolitik ’nach Corona‘. Es gibt jetzt Probleme, die jetzt gelöst werden müssen. Arme dürfen nicht in den Pandemie-Wartehallen der Gesellschaft vertröstet und schließlich vergessen werden. Dazu gehört auch ein deutlich höherer Regelsatz in der Grundsicherung.“
Vor allem aber müssten die in Armut Lebenden ihre Interessen vertreten können.
„Menschen mit Armutserfahrung brauchen Orte für Vernetzung und Selbstorganisation, Ressourcen und Technik. Es darf nicht ‚über‘ sie gesprochen werden, sondern sie müssen rein in die politischen Gespräche und in die Medien.
Und es muss endlich damit Schluss sein, so zu tun, als sei nur ‚Corona‘ ein Problem. Das Problem ist soziale Ausgrenzung und wachsende Ungleichheit“, fassen Stiefel und Röller zusammen.
Weitere Informationen:
– „Der soziale Notstand ist da. Nicht nur Viren, sondern auch Armut und Ausgrenzung bekämpfen!“:
https://diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Der_soziale_Notstand_ist_da_Text_Menschen_mit_Armutserfahrung_21-6-9.pdf
– Statement Diakonie-Vorständin Sozialpolitik Maria Loheide:
https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-06-09_Corona_Loheide_Statement_Layout.pdf
– Statements der Menschen mit Armutserfahrung. Helga Röller, Michael Stiefel:
https://diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-6-9_Sprechtexte_Beteiligte_PK_Corona_final.pdf
Ukraine: Landeskirche und Diakonie rufen zu Spenden auf
Ukraine: Landeskirche und Diakonie rufen zu Spenden auf
Sächsische Landeskirche stellt 10.000 Euro aus dem Katastrophenfonds bereit
DRESDEN – Die Diakonie Sachsen und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens rufen zu Spenden für die Menschen in der Ukraine auf, deren Leben durch den jetzt ausgebrochenen Krieg bedroht ist. Mit 10.000 Euro aus dem Katastrophenfonds der Landeskirche wird die Arbeit der Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt, die mit mehreren Partnerorganisationen vor Ort zusammenarbeitet.
In einem Aufruf zum Gebet für den Frieden schreibt Landesbischof Tobias Bilz: „Beten und Tun sind unsere ureigenen Möglichkeiten, als Christinnen und Christen in dieser Welt Verantwortung zu übernehmen.“
Die Diakonie Katastrophenhilfe weiß sich beidem verpflichtet. Deren Leiter, Martin Keßler, sagt: „Wir waren seit Beginn des Konflikts im Osten des Landes viele Jahre in der Ukraine aktiv und verfügen über ein Netzwerk von erfahrenen Nothilfeorganisationen. Nun werden wir die gemeinsame Arbeit schnell wiederaufnehmen.“ Er rechne damit, dass es in den ersten Tagen um reine Nothilfe gehen wird. So wird es zunächst darauf ankommen, Nahrungsmittel und Trinkwasser zu verteilen und Notunterkünfte für die vertriebenen Familien bereitzustellen. Es werden massive Fluchtbewegungen in sichere Teile des Landes und in die Nachbarländer erwartet. „Sobald klarer wird, wohin die Menschen in ihrer Not fliehen, werden wir mit unseren Partnern alles tun, um ihr Überleben zu sichern.“ so Keßler. Der Krieg trifft eine ohnehin notleidende und schwer traumatisierte Bevölkerung. Selbst ohne die aktuelle Eskalation benötigen fast drei Millionen Menschen in der Ukraine Hilfe. Die Diakonie Katastrophenhilfe rechnet damit, dass diese Zahl in den kommenden Tagen massiv steigen wird.
Diakonie-Chef Dietrich Bauer sagt: „Wir sind in unseren Gedanken und mit unseren Gebeten bei den Menschen in der Ukraine, die sich jetzt im Krieg befinden und furchtbare Angst haben vor dem, was kommt. Es macht uns deutlich, was wirklich wichtig ist: ein Leben in Sicherheit und Frieden und Gerechtigkeit! Und wir bitten um Spenden, um jetzt so schnell wie möglich Strukturen der Nothilfe aufzubauen!“
Die Beziehungen zu den Kirchen in Osteuropa und der direkte Kontakt seien jetzt wichtiger denn je, betont der Ökumene-Referent der sächsischen Landeskirche, Oberkirchenrat Friedemann Oehme. „Wir fühlen uns mit den Christen in der Ukraine, in Russland, in Belarus und den baltischen Staaten eng verbunden und werden gemeinsam für Frieden beten und für friedliche Lösungen in unseren Ländern eintreten.“, so Friedemann Oehme. Die sächsische Landeskirche ist in einer Partnerschaft mit der lutherischen Kirche im europäischen Russland verbunden. Die bayrische Landeskirche pflegt eine Partnerschaft mit der lutherischen Kirche in der Ukraine. Alle Kirchen eint die große Betroffenheit über den Ausbruch des Krieges, aber auch die Hoffnung im Beten und Tun, den notleidenden Menschen helfen zu können.
Die sächsische Landeskirche und die Diakonie Sachsen bitten um Spenden auf das Konto der
Diakonie Katastrophenhilfe, Berlin
Evangelische Bank
IBAN: DE68 5206 0410 0000 5025 02
BIC: GENODEF1EK1
Stichwort: Ukraine Krise
Online unter: www.diakonie-katastrophenhilfe.de/spenden/
Infos zu Bildung und Teilhabe sowie zu Leistungen für Schulbüchern u. a.
Nächste Woche beginnt in Sachsen das neue Schuljahr. Neben anderen Preisen sind auch die Preise für Schulmaterial und Schulbücher deutlich gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Viele Familien haben große Schwierigkeiten, die schulbedingten Kosten ihrer Kinder und Freizeitaktivitäten z. B. im Sportverein oder in der Musikschule zu finanzieren. Teilweise Entlastung bieten Sozialleistungen wie das Bildung- und Teilhabepaket.
Die KOS (www.erwerbslos.de) hat in ihrem elektronischen Rundbrief Nr.5 eine Übersicht über die vorhandenen Leistungen für Menschen mit „Hartz IV“, Wohngeld, Kinderzuschlag, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und Bezieher*innen von Leistungen nach SGB XII (Sozialhilfe u. ä.) zusammengestellt.
Download elektronischer Rundbrief Nr. 5
Digitale Angebote des Jobcenter Leipzig
Online-Terminvereinbarung
Kundinnen und Kunden des Jobcenters Leipzig können über die Plattform www.jobcenter.digital online einen Termin vereinbaren oder hier die entsprechende direkte Verlinkung nutzen: Terminvereinbarung
Digitaler Hauptantrag – Online-Dienst zum Antrag auf Arbeitslosengeld II (ALG II)
Kundinnen und Kunden haben über www.jobcenter.digital die Möglichkeit, den Antrag auf ALG II online auszufüllen, ihre Angaben zwischenzuspeichern und anschließend zeit- und ortsunabhängig digital an das Jobcenter zu übermitteln.
Hier geht es direkt zur Seite der Online-Beantragung und zu weiteren Informationen: ALG II beantragen
Postfachservice – Dokumente einreichen ist online möglich
Zudem können Kundinnen und Kunden des Jobcenters Leipzig mit wenigen Klicks wichtige Dokumente an Postfachnachrichten anhängen und so direkt an ihr Jobcenter übermitteln. Die Funktion zum Hochladen und Versenden von Dokumenten kann im Internet unter www.jobcenter.digital genutzt werden.
Hier geht es direkt zur Anmeldung für das Postfach: Online-Postfach
Allgemeine Kontaktmöglichkeiten zum Jobcenter Leipzig:
0341 – 913 10705 (Service Center) sowie 0341 – 913 10540
www.jobcenter.digital
www.jobcenter-leipzig.de
jobcenter-leipzig@jobcenter-ge.de
„Alter Wein in neuen Schläuchen?“ – was bringen Bürgergeld und Kindergrundsicherung?
„Das Bürgergeld ist ein Fortschritt, es kommt jetzt aber noch sehr auf die Ausgestaltung an. Auf der Seite der Existenzsicherung sind wir noch unzufrieden, weil wir nicht sehen, dass sich hier so viel zum Besseren ändern wird. Die Kritik, dass die Hartz IV Leistungen deutlich höher sein müssten, haben die Parteien nicht aufgegriffen. Auch die Regelbedarfsermittlung scheint nicht angefasst zu werden und Sanktionen bleiben weiterhin bestehen!“
Mehr Positives sieht Dietrich Bauer, Chef der Diakonie Sachsen, in einer ersten Bewertung des Ampel-Koalitionsvertrages hinsichtlich der Neuaufstellung von „Hartz-IV“ auf der Arbeitsförderungsseite: „Der Vermittlungsvorrang wird abgeschafft und Weiterbildung wird stärker gefördert. Das Teilhabechancengesetzt (§16 i und e) wird entfristet, geförderte Beschäftigung somit weiter verstetigt und ausgebaut. Das sind wichtige Verbesserungen!“
Aber auch erleichterte und unbürokratischere Zuverdienstmöglichkeiten, zielgruppenspezifischere Fördergangebote, eine Bagatellgrenze von 50 Euro und mehr Personal für die Jobcenter für eine Beratung auf Augenhöhe seien ausdrücklich zu begrüßen.
Bauer hofft aber, dass es wenigstens bei der Erhöhung des Regelbedarfs um mindestens 50 Euro bleibt, wie es die Grünen auf ihrem Parteitag im Juni 2021 beschlossen haben.
„Bliebe es dabei, wäre man mit 499 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen immer noch über 100 Euro unter dem Wert, den Diakonie und Sozialverbände fordern, aber immerhin deutlich mehr als die jetzt zum Jahreswechsel vorgesehenen drei Euro!“ Als positiv wertet die Diakonie, dass die Vermögensgrenzen angehoben werden und die Überprüfung entbürokratisiert werden soll. In den ersten zwei Jahren des Leistungsbezuges gibt es damit keine Vermögensanrechnung und keine Überprüfung der Angemessenheit der Wohnkosten. Für diese soll ansonsten ein klarerer gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, der jährlich überprüft wird.
Als besonders wichtig sieht Bauer die seit langem geforderte Einführung einer Kindergrundsicherung, die Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderregelsätze und Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zusammenfasst. „Alle Kinder erhalten einen festen Sockelbetrag, Kinder aus Familien mit geringem Einkommen einen Zusatzbetrag. Auch hier bleibt die Ausgestaltung abzuwarten. Aber wir erhoffen uns dadurch den lange überfälligen Abbau der Kinderarmut“, so Bauer abschließend.
Kinderarmut muss zentrale Rolle in den Koalitionsverhandlungen spielen
Stadtradeln 2021 – Team Diakonie und Kirche
Schuldnerberatung im Leipziger Osten – ein neues Angebot
Sozial-O-Mat der Diakonie – Wie sozial ist Ihre Wahl?
Den Sozial-O-Mat erreichen Sie unter www.sozial-o-mat.de.
Heute startet die Diakonie Deutschland ihren neuen Sozial-O-Mat zur Bundestagswahl. Er bietet allen Interessierten eine informative Übersicht zu ausgewählten, sozialpolitischen Positionen der Parteien für die Wahl am 26. September.
„Nur wer wählt, entscheidet mit über unsere gemeinsame Zukunft in Deutschland“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: „Dabei kommt gerade den Weichenstellungen in der Sozial- und Gesundheitspolitik eine herausragende Bedeutung zu, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Belastungen durch die Corona-Pandemie. Wie wollen wir die Folgen der Pandemie bewältigen? Wie kann soziale Teilhabe aller gelingen und der rasante gesellschaftliche Wandel gestaltet werden? Der Sozial-O-Mat bietet eine erste Orientierung und zeigt auf, welchen Stellenwert zentrale Fragen der Sozialpolitik und des gesellschaftlichen Miteinanders in einer kommenden Regierung und im Parlament haben werden.“
Wie schon zur Bundestagswahl 2017 und zur Europawahl 2019 zeigt der Sozial-O-Mat der Diakonie Deutschland auf, wie die im Bundestag vertretenen Parteien zu ausgewählten sozialen Themen stehen: Arbeit, Gesundheit, Familie und Kinder, Migration. Der Sozial-O-Mat ist parteipolitisch neutral, eine zentrale Auswertung der Ergebnisse erfolgt nicht. Nutzerinnen und Nutzer können 20 Thesen mit „stimme zu“, „stimme nicht zu“, “neutral“ oder „These überspringen“ bewerten und mit den Positionen von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDP und AfD abgleichen. Der Sozial-O-Mat errechnet den Grad der individuellen Übereinstimmung mit den Antworten der Parteien. Beispielhafte Geschichten aus der Praxis zeigen außerdem, welche Auswirkungen die verschiedenen politischen Ansätze für die Betroffenen haben.
30 Jahre KEL – Einladung zum Friedensgebet
30 Jahre Kirchliche Erwerbsloseninitiative Leipzig (KEL)
Am 05.07.2021 begeht die KEL ihr 30-jähriges Jubiläum im Rahmen eines Friedensgebetes in der Nikolaikirche Leipzig. Die Einrichtung des Kirchenbezirk Leipzig schaut damit auf 30 Jahre Beratung, Begleitung und Begegnung mit Menschen in besonderen Lebenssituationen zurück. [Weitere Informationen zum Friedensgebet der KEL]
Die Aufgabenschwerpunkte der KEL wandelten sich in der zurückliegenden Zeit und passten sich den unterschiedlichen Bedürfnissen und Möglichkeiten an. Anfangs lag der Arbeitsschwerpunkt der KEL in der Begleitung und Vermittlung von arbeitssuchenden Menschen in Beschäftigungsmöglichkeiten. Heute bietet die Einrichtung vorwiegend professionelle Beratungen zu verschiedenen sozialen Themenfeldern an. Dabei sind die Beratungsangebote eingebettet in ein Gesamtberatungskonzept der allgemeinen Sozialberatung, Erwerbslosenberatung, Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Schuldner- und Insolvenzberatung einschließlich der dafür oft notwendigen psychosozialen Begleitung. Der konkrete Bezug zu dem Lebenszusammenhang der Betroffenen zeichnet die Arbeit der KEL im Besonderen aus.
Die Notwendigkeit der Arbeit der KEL zeigt sich an der ungebrochen hohen Nachfrage nach Beratungsterminen und den durchschnittlich 5.000 Beratungskontakten pro Jahr. Dabei stehen die Mitarbeiter*innen heute nicht nur erwerbslosen Menschen zur Seite, sondern vor allem auch jenen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen leben. Niedrige Löhne und Teilzeitarbeitsplätze, befristete Arbeitsverträge und geringer sozial- oder arbeitsrechtlicher Schutz führen häufig zur Verunsicherung der Beschäftigten verbunden mit schwierigen und perspektivlosen Lebenslagen. Hier gilt es einen Raum zu schaffen, wo die Ratsuchenden frei über ihre Sorgen, Nöte und Ängste sprechen können. Gleichgeblieben ist über die 30 Jahre auch das besondere Anliegen der Mitarbeiter*innen den Menschen Mut zuzusprechen, sie zu aktivieren, ihnen bei der Bewältigung ihrer seelischen und persönlichen (insbesondere finanziellen) Problemen zu helfen und wichtige Informationen zu vermitteln – gemäß dem Leitspruch der KEL: „Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.“ (D. Bonhoeffer)
Das Jubiläum ist Anlass, Dank zu sagen an den Träger der Einrichtung, den Ev.-Luth. Kirchenbezirk Leipzig, und an die Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, die die KEL finanziell unterstützt und sich damit zu dieser wichtigen Arbeit bekennt. Unser Dank gilt aber auch den ehemaligen und jetzigen Mitarbeiter*innen der KEL, den Initiatoren aus der Gründungszeit sowie der Nikolaikirchgemeinde und allen, die die Arbeit finanziell und ideell unterstützen.
Diakonie: Menschen mit Armutserfahrung ziehen erste Zwischenbilanz der Corona- Krise
Mitteilung der Diakonie Deutschland, Berlin, den 9. Juni 2021:
In Armut Lebende fordern im beginnenden Bundestagswahlkampf einen demokratischen Streit um Armutsbekämpfung und Sozialpolitik und verlangen ein Recht auf Gehör, Beteiligung und gesellschaftliche Teilhabe. Unter dem Titel „Der soziale Notstand ist da. Nicht nur Viren, sondern auch Armut und Ausgrenzung bekämpfen!“ haben sie ein Fünf- Punkte-Papier vorgelegt, das heute bei einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz von Diakonie und Menschen mit Armutserfahrung vorgestellt wurde. Die Diakonie Deutschland unterstützt das Netzwerk aktiv.
„Die Corona-Pandemie verschärft die soziale Lage. Menschen mit Armutserfahrung erleben, dass sie aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden“, kritisiert Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Aktiven aus der Selbstorganisation von Menschen mit Armutserfahrung erklärt sie: „Die Diakonie Deutschland möchte einen Anstoß geben zu einer öffentlichen politischen Diskussion darüber, was jetzt nötig ist, um eine weitere Verschärfung der sozialen Lage zu verhindern.“
Michael Stiefel vom Armutsnetzwerk schildert die besonderen Härten, die in Armut Lebende seit Beginn der Pandemie treffen: „Die Corona-Krise hat das Leben vieler Menschen auf den Kopf gestellt. Aber besonders hart trifft es die, die schon vorher mit schweren Belastungen zu kämpfen hatten.“
Leben in Armut bedeute auch unter „Normalbedingungen“ ein ständiges Improvisieren, berichtet Stiefel: „Die Regelsätze in der Grundsicherung sind sehr knapp gerechnet. Jede unvorhergesehene Ausgabe, jede Reparatur, jede Stromnachzahlung kann existenzbedrohlich werden.“ Darum sei es jetzt nötig, die sozialen Hilfen auszubauen. „Offene Treffpunkte in der Nachbarschaft, Beratung und Notfallhilfen müssen schnell und einfach zugänglich sein. Erreichbarkeit muss besser gefördert werden. Ein Ausbauprogramm für die Selbstorganisation und die soziale Infrastruktur ist erforderlich“, fordert Stiefel.
Helga Röller, Aktivistin in Erwerbslosen-Netzwerken, ergänzt: „Viele der Menschen, deren Lebenswirklichkeit Armut ist, leiden in den Pandemiezeiten an Einsamkeit. Sie wurden aus sozialen Bezügen herausgedrängt. Ihnen fehlen schon allein die Kreditkarte für die Online-Buchung im Freibad oder selbst digitale Buchungsmöglichkeiten für kostenlose Angebote.“
Gemeinsam fordern Menschen mit Armutserfahrung, dass die verschärfte soziale Lage ernst genommen wird: „Probleme müssen jetzt und direkt angepackt werden. Es gibt keine Sozialpolitik ’nach Corona‘. Es gibt jetzt Probleme, die jetzt gelöst werden müssen. Arme dürfen nicht in den Pandemie-Wartehallen der Gesellschaft vertröstet und schließlich vergessen werden. Dazu gehört auch ein deutlich höherer Regelsatz in der Grundsicherung.“
Vor allem aber müssten die in Armut Lebenden ihre Interessen vertreten können.
„Menschen mit Armutserfahrung brauchen Orte für Vernetzung und Selbstorganisation, Ressourcen und Technik. Es darf nicht ‚über‘ sie gesprochen werden, sondern sie müssen rein in die politischen Gespräche und in die Medien.
Und es muss endlich damit Schluss sein, so zu tun, als sei nur ‚Corona‘ ein Problem. Das Problem ist soziale Ausgrenzung und wachsende Ungleichheit“, fassen Stiefel und Röller zusammen.
Weitere Informationen:
– „Der soziale Notstand ist da. Nicht nur Viren, sondern auch Armut und Ausgrenzung bekämpfen!“:
https://diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/Der_soziale_Notstand_ist_da_Text_Menschen_mit_Armutserfahrung_21-6-9.pdf
– Statement Diakonie-Vorständin Sozialpolitik Maria Loheide:
https://www.diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-06-09_Corona_Loheide_Statement_Layout.pdf
– Statements der Menschen mit Armutserfahrung. Helga Röller, Michael Stiefel:
https://diakonie.de/fileadmin/user_upload/Diakonie/PDFs/Pressmitteilung_PDF/21-6-9_Sprechtexte_Beteiligte_PK_Corona_final.pdf