Wie geht es den Menschen im Bürgergeldbezug?
Studie von sanktionsfrei e.V. beleuchtet die Lebensrealität im Bürgergeldbezug
Zwei Jahre nach Einführung des Bürgergeldes hat der gemeinnützige Verein Sanktionsfrei e.V. Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die die aktuelle Situation von Leistungsbeziehenden untersucht. Befragt wurden vom 8. bis 28. April 2025 insgesamt 1.014 Bürgergeldempfänger*innen im Alter zwischen 18 und 67 Jahren. Die Ergebnisse liefern aufschlussreiche Einblicke in die Herausforderungen des Lebens mit Bürgergeld.
Zentrale Ergebnisse der Befragung:
- Unzureichende finanzielle Mittel:
72 % der Befragten geben an, dass der aktuelle Regelsatz von 563 € nicht ausreicht, um ein menschenwürdiges Leben zu führen. Selbst grundlegende Bedürfnisse können häufig nicht gedeckt werden: Nur jede*r Zweite berichtet, dass alle Haushaltsmitglieder regelmäßig satt werden. Lediglich 9 % halten eine gesunde Ernährung für möglich. Besonders betroffen sind Eltern, von denen 54 % zugunsten ihrer Kinder auf eigene Mahlzeiten verzichten. Unvorhergesehene Ausgaben wie Stromnachzahlungen oder Reparaturen stellen für viele eine erhebliche Belastung dar. Knapp ein Drittel der Befragten muss sich verschulden, um den Alltag zu bestreiten. 77 % empfinden ihre finanzielle Situation als psychisch belastend. - Erschwerte Integration in den Arbeitsmarkt:
Ein großer Teil der Befragten (74 %) äußert den Wunsch, durch Erwerbstätigkeit unabhängig vom Bürgergeld zu werden. Gleichzeitig schätzen nur 26 % ihre Chancen realistisch ein, eine passende Arbeitsstelle zu finden. Als Hauptgründe werden körperliche (59 %) und psychische Einschränkungen (57 %) genannt. Auch strukturelle Faktoren wie ein Mangel an geeigneten Angeboten oder regionale Diskrepanzen wirken sich negativ aus. Die Rolle der Jobcenter wird häufig als nur bedingt hilfreich bewertet. Viele Befragte wünschen sich eine gezieltere Unterstützung, die individuelle Vermittlungshemmnisse stärker berücksichtigt. - Gesellschaftliche Stigmatisierung:
42 % der Befragten empfinden Scham im Zusammenhang mit dem Bürgergeldbezug. Nur 12 % fühlen sich der Gesellschaft zugehörig. Gleichzeitig äußern 82 % die Einschätzung, dass vielen Menschen nicht bewusst ist, wie schnell sie selbst in eine solche Lage geraten könnten. 72 % befürchten zudem Verschärfungen in der Bürgergeldgesetzgebung – insbesondere die Wiedereinführung eines vollständigen Leistungsentzugs wird als existenzbedrohend wahrgenommen.
Schlussfolgerung und Handlungsbedarf:
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die bestehende Ausgestaltung des Bürgergeldes für viele Betroffene nicht ausreicht, um soziale Teilhabe und existenzielle Sicherheit zu gewährleisten. Sie unterstreichen den Bedarf an strukturellen Verbesserungen in der Grundsicherung, insbesondere in den Bereichen finanzielle Ausstattung, Arbeitsförderung und gesellschaftliche Integration.
Als Beratungsstelle sehen wir es als unsere Aufgabe, Menschen in finanziellen Notlagen zu unterstützen – sowohl im Umgang mit dem Jobcenter als auch durch psychosoziale Begleitung. Wir bieten einen vertrauensvollen Rahmen, in dem individuelle Lösungswege entwickelt werden können.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Studie: sanktionsfrei.de/studie25
